Der Ausbruch des Coronavirus führt zu großen Herausforderungen in der maritimen Wirtschaft. In der Seeschifffahrt werden die wirtschaftlichen Folgen der weltweiten Pandemie zunehmend spürbar. Das Frachtangebot auf bestimmten Routen und Märkten ist rückläufig, wodurch sich Parteien häufiger außerhalb der gewohnten Kontakte und Märkte nach Aufträgen umsehen.
Wir merken, dass hierdurch zunehmend Frachten übernommen und Destinationen angelaufen werden, die ein höheres Risiko als jene bergen, die Schiffseigner bisher auf sich genommen haben. Das gilt insbesondere in Bezug auf die folgenden Aspekte:
- Sanktionen: Bei bestimmten Ländern, Parteien und Frachten besteht ein erhöhtes Risiko, unter international geltende Sanktionen zu fallen. Um dieses Risiko sorgfältig zu inventarisieren und zu kontrollieren, empfehlen wir, vorab die vollständige Frachtspezifikation, Details von allen beteiligten Parteien und relevante Dokumentation, wie etwa Exportgenehmigungen, anzufordern. Anschließend können Sie diese Angaben als Bestandteil Ihrer Sanktionskontrolle anhand der Liste des Office of Foreign Assets Control (“OFAC”) und der konsolidierten Sanktionsliste der Europäischen Union prüfen.
- Piraterie: Derzeit herrscht insbesondere in Westafrika erhöhte Pirateriegefahr, aber auch die Risiken im Golf von Aden bleiben aktuell. Für diese Gebiete gelten möglicherweise ergänzende Anforderungen aufgrund Ihrer Versicherungen und müssen Reeder die “Best Management Practices to deter piracy” (BMP) beachten. Das kann zu zusätzlichen Kosten und Verzögerungen führen.
- Operative Geschäfte: Im Falle von bekannten Märkten und Parteien sind operative Geschäfte häufig zur Routine geworden. Das ändert sich, wenn der Markt und die Parteien unbekannt sind. Beispielsweise ist in Nord- und Westafrika häufig ein erhöhtes Risiko von Engpässen, Staus und Umschlagschäden gegeben. Wir empfehlen Ihnen, dem so weit wie möglich Rechnung zu tragen, indem Sie die diesbezüglich Verantwortung im Befrachtungsvertrag dem Befrachter überlassen und die Liegezeitbestimmungen hierauf abstimmen.
- Identität der Parteien: Häufig werden diese Reisen mit unbekannten Befrachtern oder Ladungsempfängern vereinbart. Das führt oftmals zu einem erhöhten Risiko von Frachtansprüchen, wie etwa bei Mängeln und Qualitätsdiskussionen, aber auch zu Frachtstreitigkeiten und unbezahlten Rechnungen. Die Rückgriffsmöglichkeiten bei offenen Forderungen kann hierdurch ebenfalls gefährdet werden.
Möglicherweise gibt es für bestimmte Risiken eine geeignete Zusatzversicherung (siehe beispielsweise die Ausgabe 2020/9 unseres Rundschreibens bezüglich der K&R-Versicherung und der eventuellen Meldepflicht). Selbstverständlich stehen wir Ihnen auch zur Verfügung, um Sie bei der Formulierung Ihrer Verträge zu unterstützen oder Sie in Bezug auf einen neuen Zielhafen oder eine neue Fracht zu beraten.